Mobirise

Schweizer Gemeinden suchen verzweifelt nach Ratsmitgliedern

In zahlreichen Schweizer Gemeinden wird es zunehmend schwieriger, ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeinderäte und lokale Kommissionen zu finden. Der Fachkräftemangel, der in vielen Branchen spürbar ist, macht auch vor der Lokalpolitik nicht halt. Immer mehr Städte und Dörfer kämpfen damit, ihre politischen Gremien zu besetzen – in einigen Fällen droht sogar eine Handlungsunfähigkeit der Gemeindeverwaltungen.

Der Schweizerische Gemeindeverband schlägt Alarm: „Der Mangel an engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die bereit sind, politische Verantwortung zu übernehmen, wird zu einem ernsthaften Problem für die kommunale Selbstverwaltung“, warnt Präsident Hannes Germann.

Doch warum gibt es immer weniger Interessenten für lokale politische Ämter? Und welche Lösungen werden diskutiert, um diesen Trend umzukehren?

Warum gibt es einen Mangel an Ratsmitgliedern in den Gemeinden?
Die Ursachen für diesen besorgniserregenden Trend sind vielschichtig. Experten nennen mehrere Faktoren, die dazu führen, dass sich immer weniger Menschen für politische Ämter auf lokaler Ebene interessieren:

1. Steigende berufliche Belastung
📉 Viele potenzielle Kandidaten sind beruflich stark eingespannt und haben schlichtweg keine Zeit, sich zusätzlich politisch zu engagieren.
📉 Die Anforderungen an viele Berufe sind gestiegen, sodass weniger Menschen die zusätzliche Belastung eines Gemeinderatsmandats auf sich nehmen wollen.

2. Fehlende finanzielle Anreize
💰 Viele kommunale Ämter sind schlecht oder gar nicht bezahlt.
💰 Während nationale und kantonale Mandate oft mit angemessenen Entschädigungen verbunden sind, handelt es sich bei kommunalen Mandaten meist um ehrenamtliche Tätigkeiten mit geringem finanziellen Ausgleich.
💰 Gerade für junge Menschen ist es oft nicht attraktiv, unbezahlt oder für eine geringe Vergütung viel Zeit in die Gemeindepolitik zu investieren.

3. Zunehmende Kritik und öffentlicher Druck
⚠ Gemeinderäte stehen immer häufiger in der Kritik – durch soziale Medien hat sich der Ton in politischen Debatten verschärft.
⚠ Viele Menschen scheuen sich vor öffentlicher Verantwortung, da sie Angst vor persönlichen Angriffen und Shitstorms haben.
⚠ Insbesondere in kleineren Gemeinden kennen sich die Menschen persönlich, was Konflikte innerhalb der Gemeinschaft verschärfen kann.

4. Mangel an Nachwuchs in der Politik
👥 Weniger junge Menschen interessieren sich für ein politisches Engagement.
👥 Der Altersdurchschnitt in vielen Gemeinderäten ist hoch, und es fehlen gezielte Programme, um junge Menschen für Lokalpolitik zu begeistern.
👥 Laut einer Studie des Bundesamts für Statistik (BFS) liegt das Durchschnittsalter von Gemeinderäten in der Schweiz bei über 50 Jahren.

Welche Gemeinden sind besonders betroffen?
Der Mangel an Gemeinderäten ist kein isoliertes Phänomen, sondern betrifft eine Vielzahl von Regionen. Besonders kritisch ist die Lage jedoch in:

🏘 Kleineren ländlichen Gemeinden – Hier ist es besonders schwer, genügend Kandidaten zu finden, da die Bevölkerung insgesamt kleiner ist.
🏙 Mittleren Städten – Selbst größere Städte haben zunehmend Probleme, motivierte Personen für Ratsmandate zu gewinnen.
🌍 Grenzregionen und strukturschwache Gebiete – In wirtschaftlich schwächeren Gemeinden ist das Interesse an Lokalpolitik oft geringer.

Beispielsweise mussten in den vergangenen Jahren in mehreren Gemeinden Notlösungen gefunden werden, weil sich nicht genügend Personen für eine Kandidatur gemeldet hatten. In einigen Fällen wurden Gemeinden sogar mit benachbarten Ortschaften fusioniert, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten.

Welche Lösungsansätze werden diskutiert?
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, schlagen Politiker und Experten verschiedene Maßnahmen vor:

1. Höhere Entschädigungen für Gemeinderäte
Einige Kantone prüfen, die Vergütung für kommunale Ämter zu erhöhen, um die Attraktivität der Positionen zu steigern.
In einigen Städten gibt es bereits Pilotprojekte, bei denen Gemeinderäte besser bezahlt werden.
2. Flexiblere Sitzungszeiten und digitale Lösungen
Sitzungen sollen vermehrt online abgehalten werden, um Berufstätigen eine bessere Vereinbarkeit mit ihrem Job zu ermöglichen.
Einige Gemeinden testen hybride Sitzungsformate, um mehr Personen die Teilnahme zu erleichtern.
3. Förderung von politischem Engagement bei jungen Menschen
Einführung von Mentoring-Programmen, bei denen erfahrene Politiker junge Menschen für die Gemeindearbeit begeistern.
Anpassung des Wahlalters, um jüngeren Menschen frühzeitig die Möglichkeit zur Mitgestaltung zu geben.
4. Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen
Mehr Informationen über den Nutzen und die Bedeutung kommunaler Ämter in Schulen und Universitäten.
Imagekampagnen, um die gesellschaftliche Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung stärker hervorzuheben.
Der Schweizerische Gemeindeverband fordert zudem eine bessere Unterstützung durch den Bund, um Gemeinden mit Rekrutierungsproblemen gezielt zu helfen.

Reaktionen aus Politik und Gesellschaft
Die Thematik sorgt für eine breite gesellschaftliche Debatte. Während viele den Fachkräftemangel in der Lokalpolitik als ernstes Problem sehen, gibt es auch Kritiker, die eine zu starke Fokussierung auf finanzielle Anreize ablehnen.

🗣 Schweizer Gemeindeverband: „Wir brauchen dringend Anreize, um die Attraktivität kommunaler Ämter zu steigern. Andernfalls drohen demokratische Defizite.“

📢 Politikwissenschaftler der Universität Bern: „Lokalpolitik ist das Rückgrat der Schweizer Demokratie. Der Staat muss handeln, um dieses System zu sichern.“

🏛 Kritiker aus der Wirtschaft: „Mehr Geld allein wird das Problem nicht lösen. Wir brauchen flexiblere Lösungen und eine bessere Vereinbarkeit mit dem Berufsleben.“

Eine aktuelle Umfrage von gfs.bern zeigt, dass 63 % der Bevölkerung die Idee unterstützen, kommunale Ämter besser zu vergüten, um mehr Menschen zur Kandidatur zu bewegen.

Wie geht es weiter?
📌 2025: Erste Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Gemeinderäte.
📌 2026: Einführung von Pilotprojekten mit flexibleren Sitzungsmodellen.
📌 2027: Evaluation der bisherigen Maßnahmen und mögliche gesetzliche Anpassungen.
📌 2030: Ziel: Eine nachhaltige Sicherstellung der kommunalen Selbstverwaltung in der Schweiz.

Der Bundesrat plant, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und dem Schweizerischen Gemeindeverband neue Initiativen zu erarbeiten, um langfristig genügend Bürger für ein politisches Engagement auf lokaler Ebene zu gewinnen.

Fazit: Die Zukunft der Schweizer Gemeinden steht auf dem Spiel
Der Mangel an Gemeinderatsmitgliedern ist eine ernsthafte Herausforderung für die Demokratie auf lokaler Ebene. Ohne engagierte Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung übernehmen, könnten in den kommenden Jahren immer mehr Gemeinden Schwierigkeiten haben, ihre Verwaltung aufrechtzuerhalten.

✅ Mehr Unterstützung und bessere Arbeitsbedingungen für Lokalpolitiker sind notwendig.
✅ Digitale Lösungen und flexiblere Sitzungsformate könnten das Problem entschärfen.
✅ Die Förderung von politischem Engagement in jungen Jahren wird immer wichtiger.

Die kommenden Jahre werden entscheidend sein – gelingt es der Schweiz, ihre Gemeinden als demokratische Grundpfeiler zu stärken, oder drohen langfristig Fusionen und Zentralisierungen?

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